Barrierefreiheit in der Moschee – Verantwortung für ein inklusives Miteinander

Am Mittwoch, dem 01. Juni 2022, veranstalteten die Muslimische Akademie Heidelberg i. G. und das Islamische Kompetenzzentrum für Wohlfahrtswesen e. V. (IKW) in Zusammenarbeit mit dem Interkulturellen Institut für Inklusion e. V. (I.I.I.) eine zweistündige Online-Veranstaltung mit dem Titel „Barrierefreiheit in der Moschee – Verantwortung für ein inklusives Miteinander“. Ziel des Abends war es, Menschen aus Moscheegemeinden sowie weitere Interessierte über das Themenfeld „Inklusion“ aufzuklären und für die Bedarfe von Menschen mit Behinderungen zu sensibilisieren. Neben wichtigen fachlichen Aspekten wurden u.a. auch weitverbreitete Fehlinformationen angesprochen sowie Handlungsmöglichkeiten für eine inklusivere Gemeinschaft aufgezeigt.

Während der ersten Hälfte des Abends referierte die Vorsitzende von I.I.I., Funda Fidan, über verschiedene Aspekte von Inklusion. Neben elementaren Kenntnissen vermittelte sie den Teilnehmenden auch zahlreiche aufschlussreiche Einsichten und regte damit zum Nachdenken an. Sie betonte dabei, dass der Themenbereich „Inklusion“ zwar immer mehr ins Bewusstsein rücke, auf dem Weg zur Barrierefreiheit jedoch nach wie vor großer Nachholbedarf bestehe. Passend dazu, meldeten auch mehrere Teilnehmende zu Beginn zurück, dass sie keinerlei Vorwissen zum Thema besäßen. Abgesehen von theoretischen Grundlagen brachte Frau Fidan ferner unterschiedliche Konzepte, Dimensionen sowie rechtliche Aspekte zur Sprache und stellte verschiedene Formen von Behinderung vor. Dabei erläuterte sie auch, welche Begriffe im Zusammenhang mit Behinderungen unangebracht sind und von Menschen mit Behinderung für kränkend empfunden werden können (z.B. „taubstumm“, „geistig behindert“).

Anschließend führte Dr. Patrick Isa Brooks, Projektleiter bei der Muslimischen Akademie Heidelberg i. G., ein moderiertes Podiumsgespräch mit Nurcan Kar, Ahmet Erinola und Sultan Bayindir, die als Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen (taub, im Rollstuhl, blind) von ihren persönlichen Erfahrungen berichteten und offen über die Barrieren sprachen, die ihnen eine angemessene Teilhabe am Moscheeleben erschweren (oder gänzlich verbauen). Zu den bestehenden Herausforderungen, von denen die drei Podiumsgäste berichteten, zählte u.a. auch das ihnen entgegengebrachte Unverständnis sowie die fehlende Bereitschaft, ihre jeweiligen Bedürfnisse zu erkennen. Gleichsam erklärten sie, welche Veränderungen in den Moscheen hilfreich für sie wären: Je nach den gegebenen Möglichkeiten könnten etwa gut platzierte, d.h. zu den notwendigen Stellen führende Rampen und Aufzüge, Blindenleitsysteme – darunter auch taktile Beschriftungen – sowie v.a. in Gebärdensprache dolmetschende Personen Abhilfe schaffen. An vielen Orten fehle es entweder an Parkplätzen für Menschen mit Behinderung oder auch an der Einsicht, dass diese freigehalten werden müssen. Aufklärung und Dialog seien daher nach wie vor sehr wichtig. Teilnehmende Vertreter aus den Moscheegemeinden legten anschließend auch ihre Sichtweise und Lage dar. Sie verdeutlichten die Schwierigkeiten, die einer unmittelbaren Veränderung im Wege stünden: Dazu gehörten finanzielle, personelle sowie bauliche Schranken. Zum Abschluss des Abends machte Frau Fidan auf Anlaufstellen aufmerksam, an welche sich engagierte Personen mit Interesse für Inklusion wenden können.

Die Veranstaltung richtete sich an Menschen mit und ohne Behinderung. Sie wurde von Tolga Yetkin und Sema Cagla in der Deutschen Gebärdensprache (DGS) simultan verdolmetscht. Teilnehmende mit Behinderungen bereicherten das Gespräch mit ihren Beiträgen sowie sehr persönlichen Berichten über ihre Erlebnisse. Andere Teilnehmende bekundeten ihre Motivation, das Thema weiterzuverfolgen und die neu gewonnenen Erkenntnisse in ihrem Umfeld zu teilen. Der Abend bot neben Fachexpertise also viele spannende Einblicke sowie eine besondere Art der Begegnung.